1
EU Mobilitätspaket
Das EU-Mobilitätspaket wurde am 08.07.2020 durch das europäische Parlament beschlossen, die zugehörigen Richtlinien und Verordnungen wurden am 31.07.2020 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Das Mobilitätspaket beinhaltet Neuerungen in den Bereichen: Markt- und Berufszugang, Arbeitnehmerentsendung und Sozialvorschriften. Wobei die Regelungen zu den Lenk- und Ruhezeiten größtenteils auch schon ab August 2020 Geltung fanden. Die Regelungen zu den weiteren Bereichen treten größtenteils ab Februar bzw. Mai 2022 in Kraft, einige wenige Verordnungen erst ab 2023 bzw. 2024.
Die übergeordneten Ziele, die mit dem Mobilitätspaket verfolgt werden ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer und die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen. Europäische Transporte sollen sicherer, effizienter und sozial verantwortlicher werden. Im Folgenden werden die einzelnen Anpassungen, die im Laufe des Jahres 2022 gültig werden kurz erläutert.
Entsendung von Fahrern
Verpflichtung zur Meldung der Arbeitnehmerentsendung
Zum 02.02.2022 werden die Regelungen im Rahmen des EU Mobility packages zur Entsendung von Fahrern angepasst. Nach der neuen Verordnung gibt es Ausnahmen, in denen keine Entsendung vorgenommen werden muss. Diese Ausnahmen sind bilaterale Beförderungen und Transitverkehre.
- Bilaterale Beförderungen sind Transporte, die zwischen zwei Staaten stattfinden, ohne dass eine Be-/Entladung in einem dritten Staat durchgeführt wird.
- Beispiel: Transport von Land A (Land der Niederlassung) nach Land B (Nachbarland) von Land B wieder zurück nach Land A
- 2 zusätzliche Be-/Entlade Vorgänge auf Hin- oder Rückweg sind erlaubt (oder einer auf dem Hinweg und einer auf dem Rückweg)
- Bei mehreren Stopps innerhalb von bilateralen Transporten gilt die Befreiung von der Entsendung nur dann, wenn die Waren nicht im gleichen Land beladen werden in dem sie auch entladen werden sollen
- Beispiel: Transport von Land A (Land der Niederlassung) nach Land B (Nachbarland) von Land B wieder zurück nach Land A
- Transitverkehre sind bilaterale Transporte, bei denen ein dritter Staat durchquert wird. Be- oder Entladevorgänge sind in diesem Staat nicht erlaubt.
- Beispiel: Transport von Land A (Land der Niederlassung) über Land B in Land C und wieder zurück.
In allen anderen Fällen, in denen ein Fahrer im Ausland eingesetzt wird, ist die Entsendung Pflicht und muss über ein von der EU gemeinsam genutztes System durchgeführt werden. Ein klassisches Beispiel für einen entsendepflichtigen Transport sind Kabotagefahrten.
Beispiele:
- Transporte innerhalb von Land B (nicht Land der Niederlassung)
- Transporte zwischen zwei fremden Staaten
- Transport von Land B (nicht Land der Niederlassung) in Land C (nicht Land der Niederlassung)
Mindestlohn
Bei dem Einsatz eines Fahrers in verschiedenen Ländern muss immer der im entsprechenden Land geltende Mindestlohn gezahlt werden.
Verpflichtende Aufzeichnung von Grenzüberschritten
Ab Februar muss die Aufzeichnung von Grenzüberschritten verpflichtend durchgeführt werden. In der Praxis bedeutet das, dass der Fahrer nach einem Grenzüberschritt den nächstmöglichen Parkplatz anfahren muss, um dort das entsprechende Länderkürzel in den digitalen Tachographen einzugeben, da die Eingabe nur im stehenden Fahrzeug möglich ist. Mit dem ab 2023 vorgeschriebenen digitalen Tachographen der 2. Generation fällt dieser Stopp weg, da dieser in der Lage ist den Grenzüberschritt per GPS zu erkennen.
Cooling-Off-Phase
Im Zusammenhang mit Kabotagefahrten gibt es im Mobilitätspaket eine weitere Anpassung, die sogenannte Cooling-off-Phase. Die Cooling-off-Phase ist eine Karenzzeit, in der nach den weiterhin zulässigen 3 Kabotagefahrten innerhalb von 7 Tagen im Anschluss an eine internationale Güterbeförderung, 4 Tage keine zusätzliche Kabotagefahrt im Aufnahmemitgliedstaat durchgeführt werden darf. Die Regelung ist seit dem 21.02.2022 gültig.
Rückführung
Neue Regelungen wurden auch im Bereich der Rückführung von Fahrzeugen erlassen und gelten seit dem 21.02.2022. Zum Schutz der Binnenmärkte muss jedes Fahrzeug, das im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt wird, spätestens nach einem Einsatz von acht Wochen im Ausland wieder zurück zu einer Betriebsstätte im Land der Niederlassung zurückkehren, also dorthin, wo der Lkw gemeldet ist. Zudem muss dem Fahrer ermöglicht werden, innerhalb von vier Wochen je mindestens einmal an den Wohnsitz oder die Betriebsstätte zurückzukehren, um dort mindestens 45 Stunden Aufenthalt zu haben.
Finanzielle Leistungsfähigkeit
Mit dem Ziel den Wettbewerb fairer zu gestalten werden ab dem 21.02.2022 neue Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit von Güterverkehrsunternehmern gestellt. Zusätzlich zu den geltenden Regelungen, dass für das erste Fahrzeug über 3,5t: 9000€ und für weitere Fahrzeuge über 3,5t: 5000€ als Sicherheit vorhanden sein müssen, müssen nun 900€ für Fahrzeuge zwischen 2,5t und 3,5t vorgehalten werden. Für diese Fahrzeuggruppe wurde vorher keine Regelung angewendet.
Als nächsten Schritt in diesem Bereich gelten ab dem 21.05.2022 angepasste Genehmigungs- und Lizenzpflichten. Alle Beförderungen im gewerblichen Gütertransport im grenzüberschreitenden Verkehr mit Fahrzeugen über 2,5t zulässigem Gesamtgewicht unterliegen der Genehmigungspflicht/ Lizenzpflicht. Vorher war dies erst ab 3,5t verpflichtend. Die nationale Regelungen in Deutschland sehen weiterhin eine Lizenzpflicht ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5t vor.
Lizenzpflicht für Fahrzeuge ab 2,5t
Zum 21.05.2022 ist eine neue Regelung zum Mobilitätspaket der EU in Kraft getreten. Unternehmer, die Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,5t einsetzen, benötigen im grenzüberschreitenden Warenverkehr nun eine EU-Lizenz. Zuvor war diese erst notwendig, wenn Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht ab 3,5t eingesetzt wurden. Diese Verschärfung im Marktzugang soll die Unternehmen vor zu großer Konkurrenz durch Unternehmen schützen, die ausschließlich kleine Transporter einsetzen.
Um die Lizenz zu erhalten muss der Unternehmer die Berufszugangsvoraussetzungen erfüllen. Eine der Voraussetzungen ist die fachliche Eignung des Unternehmers. In Bezug auf die neue EU-Regelung gibt es auch länderspezifische Ausnahmen. In Deutschland wird zum Beispiel der Erhalt der notwendigen Bescheinigungen erleichtert, wenn der Unternehmer ausschließlich Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von höchstens 3,5t einsetzt.
Bei innerdeutschen Transporten ist eine Lizenz weiterhin erst notwendig, wenn Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse ab 3,5t eingesetzt werden. ELSEN betrifft die neue Regelung der EU hauptsächlich im Bereich der Sonderfahrten, da hier auch mal Fahrzeuge unter 3,5t im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden. In diesen Fällen achten wir seit in Kraft treten der neuen Regelung darauf, dass die eingesetzten Unternehmer die notwendigen Lizenzen vorweisen können.